Zwei widerständige Meißner unter der Naziherrschaft 1933 - 1945
Superintendent Herbert Böhme und SPD-Ortsvorsitzende Willy Anker

SUPERINTENDENT HERBERT BÖHME

Schon frühzeitig sieht Superintendent Herbert Böhme zweifellos besorgt auf das despotische Regime, das sich die demagogische Bezeichnung „Nationalsozialismus“ zugelegt hatte.

Superintendent Herbert Böhme | Foto: G. Steinecke Superintendent Herbert Böhme | Foto: G. Steinecke


Im Oktober 1933 geht Herbert Böhme in einer Predigt auf Distanz zur menschenfeindlichen NS-Ideologie. Auf Anordnung des faschistischen Reichsbischofs Ludwig Müller müssen die Pfarrer eine „Volksmissions-Woche“ durchführen, in der die folgenden drei Predigt-Themen zu behandeln sind: „Die Stellung unseres Volkes zu Gott, Christus und zur Kirche“ „Kirche marschiert – Volk reihe Dich ein!“ „Gott ruft – Volk höre!“ Damit sollen die Gläubigen auf den Hitlerfaschismus eingeschworen werden. Auf der 1. Reichstagung der „Deutschen Christen“ am 3.4.1933 in Berlin hatte Pfarrer Nobiling die „Gleichschaltung der Kirche … mit dem Volksstaat der nationalen Revolution“ gefordert.   Man behauptete, der Führer Adolf Hitler sei das größte Geschenk Gottes an das deutsche Volk in seiner bisherigen Geschichte.

Landesbischof Ludwig Müller, der künftige Reichsbischof, 1933 beim Heil-Gruß für Hitler. Foto: Wikipedia/Bundesarchiv Landesbischof Ludwig Müller, der künftige Reichsbischof, 1933 beim Heil-Gruß für Hitler. Foto: Wikipedia/Bundesarchiv


Superintendent Herbert Böhme spricht am 20. Okt. 1933 in der Afrakirche zum Thema: „Die Stellung unseres Volkes zu Gott, Christus und zur Kirche“. Er entnimmt dem Thema jedoch nur das Stichwort „Kirche“, und – wie dem nachstehenden Zeitungsbericht entnommen werden kann – erläutert er dazu:

  • Die Kirche darf niemals eine staatliche Institution werden. Sie braucht die Freiheit der Verkündigung.
  • Die Kirche darf keine Unterschiede kennen, auch keine „Rassenunterschiede“.
  • In der Kirche gibt es nur eine „Gleichschaltung“, die der Herzen!

Das waren deutliche Worte der Kritik an der „Deutschen Kirche“, an der Rassentheorie und an der NS-Gleichschaltung aller Institutionen.

Kopie aus der SZ vom 21. Okt. 1933. Stadtarchiv Meißen Kopie aus der SZ vom 21. Okt. 1933. Stadtarchiv Meißen



WILLY ANKER


Der SPD-Ortsvorsitzende Willy Anker tritt seit 1923 für Demokratie und soziale Gerechtigkeit ein und ist gleichzeitig von 1923 bis 1945 ein praktisch ausgewiesener, aktiver Nazigegner. Schon 1923 verurteilt er entschieden alle Umsturzversuche gegen die Weimarer Republik von rechts und links.

Von 1923 bis zum 4. März 1933 – also noch 5 Wochen nach dem Herrschaftsbeginn Hitlers als „Führer des Deutschen Reiches“ – tritt er als SPD-Vorsitzender und damit auch als Verantwortlicher bzw. als Vorstandsmitglied des „Republikanischen Reichsbundes Schwarz- Rot-Gold“ (SPD) und der „Eisernen Front“ (SPD) unerschrocken öffentlich gegen den sog. „Nationalsozialismus“ auf.

Von Mitte März bis Anfang Mai 1933 beteiligt er sich in der Illegalität an den ersten Widerstandsbemühungen von SPD-Genossen in Dresden. Nach seiner Entlassung aus dem extrem grausamen SA-KZ Hohnstein befindet er sich jedoch unter ständiger Überwachung. Er muß sich also sehr vorsehen, wenn er Verbindung zu seinen Meißner SPD-Genossen hält oder auch Flüsterpropaganda zu betreiben versucht, ohne sich und damit auch seine Familie mit drei Kindern, die auf ihn angewiesen sind, zu gefährden.

Im März 1939 protestiert er allerdings vor seinen Arbeitskollegen auch einmal recht laut gegen den Wehrmachtseinmarsch in Böhmen und Mähren, so daß es die Gestapo erfährt. Im Verhör kann er sich aber mit Not und Mühe herausreden.

1944 wird er nach dem Hitlerattentat in der „Aktion Gitter“ erneut verhaftet und erst nach seiner Unterschrift unter eine Loyalitätserklärung wieder freigelassen.

Im April 1945 intensiviert er seine Kontakte zu SPD-Genossen und auch zu Meißner Kommunisten, um gemeinsame Bemühungen zur Abwendung von Gefahren für die Stadt und ihre Bevölkerung beim Herannahen der Front und bis zum Kriegsende zu verabreden. War er am 3. März 1933 offenbar der letzte öffentliche Redner gegen die Nazis schon unter ihrer Herrschaft, so wird er am 6. Mai 1945 zum ersten öffentlichen Redner gegen NS-Befehle noch unter der Naziherrschaft in Meißen, an ihrem letzten Tag. Womit er am 6. Mai wirksam zum anschließend beginnenden Machtzusammenbruch und zur Flucht der Meißner NS-Bonzen, zu einem weitgehend unblutigen, opfer- und zerstörungsfreien Ende der gesamten NS-Terrorherrschaft in Meißen und zu besonnenem Verhalten eines Großteils der Meißner Bevölkerung beiträgt
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Willy Anker um 1930 Foto: privat Willy Anker um 1930 Foto: privat


Anker tritt seine Funktion 1923 in einer politisch turbulenten, krisen-, konflikt- und gefahrenreichen Zeit an und bleibt wegen seiner intensiven politisch organisatorischen Fleißarbeit der stets gern wiedergewählte SPD-Ortsvorsitzende nicht nur bis zum SPD-Verbot im Juni 1933, sondern faktisch noch – trotz des SPD-Verbots – bis zum 31. Mai 1945.

Willy Ankers Einsatz für die Verteidigung der Weimarer Republik 1923 – 1933
Zwischen 1923 und 1933 beschäftigt sich Anker als SPD-Ortsvorsitzender vor allem auch mit dem Aufbau und der Arbeit des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ und später der „Eisernen Front“ zur Verteidigung der Republik. Hier einige Beispiele:
Als Leiter einer SPD-Kundgebung in Gauernitz anläßlich des Verfassungstages wendet sich Willy Anker am Samstag, den 11. August 1923 gegen faschistische und kommunistische Umsturzversuche. Er bekennt sich zur demokratischen Republik und zu ihrer Verfassung.

1926 nimmt Willy Anker an zentralen Arbeitstagungen des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ teil. Die SPD-Fraktion im Stadtparlament erhält die Mehrheit der Sitze.

Am 15. Mai 1929 lehnen die SPD-Stadtverordneten den Antrag auf die Ehrenbürgerschaft für den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg ab, worauf er von seinem Besuch der Stadt absehen muss. Meißen wird unter der Bezeichnung “das rote Meißen” bekannt. (Hindenburg erhält gemeinsam mit Hitler die Ehrenbürgerschaft erst 1933 unter der Naziherrschaft in Meißen.)
Am Mittwoch, 19. November 1930, leitet Willy Anker eine Kundgebung gegen Faschismus in der Geipelburg. Es spricht der SPD-Reichstagsabgeordnete August Siemsen.

Am Sonntag, 25. Jan. 1931, leitet er abermals eine überfüllte antifaschistische SPD-Kundgebung zum Schutz der Republik in der Geipelburg.

Am 4. Juni 1931 findet in der Geipelburg eine Großveranstaltung der SPD mit dem Enkel von Karl Marx, RA Jean Longuet, seinem Sohn Robert-Jean Longuet und mit Camille Huysmans, dem späteren Ministerpräsidenten Belgiens von 1946 bis 1947 statt.
Im Januar 1932 wird in Meißen unter leitender Mitwirkung Willy Ankers die „Eiserne Front“ gegen die Gefährdung der Republik gegründet und für die reichsweit geplanten Aufmärsche am 21./22. Febr. 1932 wird eine erste Kundgebung auch in Meißen geplant.
Am Dienstag, 9. Febr. 1932, marschieren rund 1.500 Kämpfern der antifaschistischen „Eisernen Front“ auf. Anschließend antifaschistische SPD-Kundgebungen: Im „Alberthof“, im Gewerkschaftshaus, und unter Leitung Willy Ankers in der „Geipelburg“ (SPD-Reichstagsabgeordneter Alfred Dobbert, 1.400 Teilnehmer).

Am Sonntag, 21. Febr. 1932, findet in Meißen ein Aufmarsch von rund 5.000 Kämpfern der „Eisernen Front“ mit 3 Spielmannszügen, 1 Spielmannskapelle und 2 Musikkapellen statt. Willy Anker begrüßt auf dem Markt die Kämpfer im Namen des Vorstands der „Eisernen Front.

Am Samstag, 9. Juli 1932, marschieren cirka 4.500 Kämpfer der „Eisernen Front“ auf dem Markt auf. Willy Anker eröffnet im Namen der Kampfleitung die Kundgebung.

Willy Anker meldet am 21. Juli 1932 eine Aktion des antifaschistischen „Republikanischen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ (SPD) an Kopie: Stadtarchiv Meißen Willy Anker meldet am 21. Juli 1932 eine Aktion des antifaschistischen „Republikanischen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ (SPD) an Kopie: Stadtarchiv Meißen



Nach dem Machtantritt Hitlers am 30. Januar 1933

Hitlers am 3. Februar 1933 verkündeten Absichten Hitlers am 3. Februar 1933 verkündeten Absichten


Auch nach Hitlers Machtantritt als Reichskanzler wird der Widerstand in Meißen fortgesetzt

  • Am 1. Februar 1933 marschiert die Eiserne Front mit cirka 2.000 – 4.000 Kämpfern durch Meißen, begrüßt von einem Spalier aus gut fünftausend Meißnern.
  • Am Samstag, 18. Februar 1933, findet in der Geipelburg das 41. SPD-Stiftungsfest mit einem satirischen Abend unter dem Titel „Der Marsch ins 4. Reich“ statt, aufgeführt von den „Roten Ratten“, Meißen.
  • Am Mittwoch, 1. März 1933, referiert Albert Mücke in der Geipelburg vor 250 Besuchern einer Veranstaltung der „Deutschen Friedensgesellschaft“ anstelle eines bereits von den Nazis verhafteten pazifistischen Redners aus Berlin.
  • Am Donnerstag, 2. März 1933, findet die letzte antifaschistische SPD-Kundgebung mit 1.700 Teilnehmern in der Geipelburg statt. Kundgebungsleiter Willy Anker charakterisiert die niederträchtige Verhaltensweise der Nazis.
  • Freitag, 3. März 1933: W. Anker spricht auf einer öffentlichen SPD-Versammlung im Gasthof Hohentanne. Abends findet der letzte Aufmarsch der Eisernen Front in Meißen mit Spielmanns-zügen und Musikkapellen statt

Die letzte Reichstagswahl am Sonntag, 5.März 1933
Reichsweit siegt die NSDAP mit 43,9% (+10,8%) der Stimmen, die SPD erhält nur noch 18,3% (-2,1%), die KPD nur noch 12,3% (-4,8%).
In Sachsen erhält die NSDAP sogar 45 % der Stimmen, die SPD knapp 32 %.
Aber nicht in Meißen: Im “roten Meißen” kann die SPD ihre Mehrheit noch einmal um rund eintausend Stimmen mehr als 1932 auf 13.447 Stimmen steigern.

Die NSDAP, die in Meißen inzwischen ebenfalls recht aktiv war, folgt nun aber schon mit 11.387 Stimmen auf dem 2. Platz. Für die KPD stimmen 3.096 Meißner Wähler.
Auch bei den nachfolgenden Volksabstimmungen über den Austritt aus dem Völkerbund oder über die Übernahme des Reichspräsidentenamtes durch Hitler als “Führer” bleiben  die Ja-Stimmen für die Nazis in Meißen hinter dem Reichsdurchschnitt zurück. (Siehe: G. Steinecke “Unser Meißen 1929-2004″, S. 21 und 41/42)
Diese Ergebnisse sind der politischen Arbeit der SPD-Mitglieder in der Stadt, insbesondere der Überzeugungskraft ihrer führenden Köpfe wie Alfred Dobbert, Karl Bielig, Richard Schmidt, und nicht zuletzt auch dem unermüdlichen Einsatz ihres Vorsitzenden Willy Anker zu verdanken.

Nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933
Schon am 12. Januar 1933 hatte die NSDAP-Fraktion den Tagungsraum des Stadtrats verwüstet. Allen voran auch der spätere NS-Bürgermeister Walter Kaule, rissen die Nazis Stühle auseinander und prügelten mit Stuhlbeinen auf die Linken ein.

Am 12. 1. 1933 verwüsteter Tagungsraum des Stadtrats. Kopie: Stadtarchiv Meißen Am 12. 1. 1933 verwüsteter Tagungsraum des Stadtrats. Kopie: Stadtarchiv Meißen


Doch nun sollte alles noch viel schlimmer kommen. Schon am 8. März hissen die NS-Horden ihre Fahnen am Rathaus und an anderen Gebäuden.

SA-Aufmarsch in der Meißner Gerbergasse Foto: Sammlung G. Steinecke SA-Aufmarsch in der Meißner Gerbergasse Foto: Sammlung G. Steinecke


  • Am 9. März um 6 Uhr morgens marschieren SA- und SS-Einheiten durch die Stadt. Sie besetzen das Meißner Stadtzentrum, dringen in das Gewerkschaftshaus in der Martinstraße sowie in das Gebäude der “Volks-Zeitung” in der Fährmannstraße ein und übernehmen in Meißen faktisch die Herrschaft, auch unter Einsatz ihrer Schusswaffen. Eine wilde Jagd auf die verhaßtesten Kommunisten und Sozialdemokraten beginnt. Richard Tübel, der Leiter des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, wird verhaftet. Vergebliche Haussuchung in Ankers Wohnung Moritzstraße 1. Neben dem SPD-Landtags- und Stadtverordneten Emil Mende und anderen SPD-Funktionären hat sich auch Willy Anker in Sicherheit gebracht. Er versteckt sich zunächst in Meißen, bevor ihn zwei Genossen mit dem Auto zu seinem Schwager Arthur Euchler nach Dresden bringen, von wo aus er an den Bemühungen von Dresdner Genossen zur Organisation von Widerstand – laut Aussage von Hans Lämmers führend – teilnimmt .
  • Am 11. März wird die “Eiserne Front” in Sachsen verboten.
  • Im April werden Alfred Dobbert, Karl Bielig, Hans Hackebeil und der 72-jährige Amtshauptmann Richard Schmidt (SPD) verhaftet und Willy Anker zur Fahndung ausgeschrieben. Am 27. April meldet das Meißner Tageblatt: “Keine Sozialdemokraten im Meißner Stadtverordneten-Kollegium”.
  • 13. Mai 1945: Willy Anker besucht heimlich seine Familie in der Moritzstraße 1, auch um sich für die weitere illegale Arbeit auszurüsten. Die Gestapo erfährt es und verhaftet ihn. Nach ersten Verhören in der Dresdner “Mathilde” wird er zur “Besserung” in das berüchtigte SA-KZ Burg Hohnstein gebracht, weil er Aussagen über die SPD Meißen verweigert hat.
Eine kurze Notiz im Meißner Tageblatt vom 31. Mai 1945: Eine kurze Notiz im Meißner Tageblatt vom 31. Mai 1945:


Willy Ankers Bericht über seine Verhaftung, seine Verhöre und seine Internierung im KZ Burg Hohnstein

Ankers Bericht über Verhaftung und erstes Gestapo-Verhör. Quelle: VVN-Akte Staatsarchiv Dresden Ankers Bericht über Verhaftung und erstes Gestapo-Verhör. Quelle: VVN-Akte Staatsarchiv Dresden


Willy Anker (x) im SA-KZ Burg Hohnstein: Arbeit im Steinbruch Foto: privat Willy Anker (x) im SA-KZ Burg Hohnstein: Arbeit im Steinbruch Foto: privat


Nach seiner Entlassung am 25. Juli 1933 aus dem KZ weiter unter Polizeiaufsicht

Kopie: Stadtarchiv Meißen Kopie: Stadtarchiv Meißen


Meißens Herrscher vor dem Rathaus, 1937. In Zivil: NSDAP-Kreisleiter Hellmut Böhme, links von ihm: OB Hans Drechsel Foto: Bestand G. Steinecke/Dr. G. Baum Meißens Herrscher vor dem Rathaus, 1937. In Zivil: NSDAP-Kreisleiter Hellmut Böhme, links von ihm: OB Hans Drechsel Foto: Bestand G. Steinecke/Dr. G. Baum


Beurteilung Willy Ankers durch die Gestapo vom 6.November 1935

Bundesarchiv Berlin Bundesarchiv Berlin


1939/40: Hitlers Aggressionskriege beginnen

Einmarsch in Polen. Bild: Wikipedia Einmarsch in Polen. Bild: Wikipedia


Hitler fordert Nachwuchs für die Front –September 1943 Kopie: G. Steinecke/Stadtarchiv Meißen Hitler fordert Nachwuchs für die Front –September 1943 Kopie: G. Steinecke/Stadtarchiv Meißen


Juli 1944: Der wichtigste unter 42 Attentats-Versuchen auf Hitler

Oberst Stauffenberg und Hitler vor dem Attentat. Foto: Wikipedia. Oberst Stauffenberg und Hitler vor dem Attentat | Foto: Wikipedia


Die zerstörte Baracke | Foto: Wikipedia. Die zerstörte Baracke | Foto: Wikipedia.

 

August 1944: Reichsweite Gestapo-Aktion „Gitter“: Erneute Verhaftung Willy Ankers
Am 22. August 1944 zählt Willy Anker zu den reichsweit ca. 5.000 „Auserwählten“ – vor allem Sozialdemokraten, Kommunisten, Geistliche und Persönlichkeiten wie z.B. Kurt Schumacher und Konrad Adenauer – die von der Gestapo verhaftet und für kürzere oder längere Zeit eingesperrt werden. Adolf Hitler hatte schon 1942 angekündigt, mit der sofortigen Verhaftung „aller leitenden Männer gegnerischer Strömungen“ zu reagieren, falls irgendwelche Meutereien im Reich – wie z.B. das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 – ausbrechen sollten. Die Aktion Gitter ist jedoch auch
„das erste Anzeichen, daß Hitler jeder möglichen Wiederholung des seiner Meinung nach vorzeitigen Kriegsabbruchs von 1918 vorbeugen wollte: daß er entschlossen war, auch ohne sichtbare Chance bis zum bitteren Ende weiterzukämpfen,“ bis „fünf Minuten nach zwölf.“ (Sebastian Haffner „Anmerkungen zu Hitler“, S. 188) Aus Meißen werden 15 Personen – u.a. Max Kamprath (KPD), Willi Lang (SPD), Gerhard Ziller (KPD), Karl Niesner (SPD) und Frieda Zocher (SPD) – im Amtsgerichtsgefängnis Meißen inhaftiert. Beim täglichen Hofgang kann Anker jedoch sehr anregende Gespräche u.a. mit Gerhard Ziller führen (dem späteren DDR-Minister und Ulbricht-Kritiker, der 1957 des „Fraktionismus“ beschuldigt wurde und einer Verurteilung mit seinem Freitod zuvorkam.) – 13 Verhaftete, auch W. Anker, unterschreiben Loyalitätserklärung und kommen nach zehn Tagen frei. Der Sozialdemokrat Karl Niesner und der Kommunist Max Kamprath verweigern die Unterschrift und sterben noch kurz vor dem Kriegsende als KZ-Häftlinge.

Begräbnis des Meißner Jagdflieger-Majors und Ritterkreuzträgers mit Eichenlaub und Schwertern Hans Philipp am 14. Oktober 1943. Nach über 200 Abschüssen wurde auch sein Flugzeug getroffen. Foto: Stadtarchiv Meißen Begräbnis des Meißner Jagdflieger-Majors und Ritterkreuzträgers mit Eichenlaub und Schwertern Hans Philipp am 14. Oktober 1943. Nach über 200 Abschüssen wurde auch sein Flugzeug getroffen | Foto: Stadtarchiv Meißen


Eine Ersatz- und Ausbildungseinheit aus der Kaserne in Bohnitzsch Ende 1944. Foto: G. Steinecke/Stadtarchiv Meißen Eine Ersatz- und Ausbildungseinheit aus der Kaserne in Bohnitzsch Ende 1944 |Foto: G. Steinecke/Stadtarchiv Meißen


„Vorwärts Kameraden! Es geht zurück!“ – Hier nun schon in die Kriegsgefangenschaft. Bild: Wikipedia „Vorwärts Kameraden! Es geht zurück!“ – Hier nun schon in die Kriegsgefangenschaft | Bild: Wikipedia


 

DOKUMENTATION TEIL 1 - weitere Abschnitte:

Meißens Schicksalstage im April und Mai 1945
Was geschieht seit Anfang 1945 in Meißen?
Was geschieht in Meißen am 6. Mai 1945
Vor der geschichtlichen Wende!


ÜBERSICHT DER GESAMTEN WEBESEITE